Um eines vorwegzunehmen: Gänzlich auf Holzfasern kann derzeit bei der Herstellung von Graspapier noch nicht verzichtet werden. Der Anteil aus recyceltem Altholz oder Frisch-Holz liegt derzeit bei 50 Prozent, Ziel ist es den Grasfaseranteil in Zukunft auf 70 Prozent anzuheben.
Der Grundgedanke hinter der Entwicklung von Graspapier ist das schnellere Wachstum von Gras gegenüber Bäumen. Bäume besitzen zudem einen natürlichen Kleber namens Lignin, der in der Papierherstellung chemisch entfernt werden muss. Flachwachsende Pflanzen dagegen besitzen einen so geringen Ligninanteil, dass dieser im Herstellungsprozess nicht herausgelöst werden muss. Laut der Creapaper GmbH werden dadurch in der Herstellung 6.000 Liter Wasser pro Tonne produziertem Papier eingespart. Ein weiterer Graspapierhersteller gibt an, dass er zur Herstellung einer Tonne Grasfaser nur 6 Liter Wasser benötigt. Bereits bei einem Anteil von 30 Prozent Gras im Papier lassen sich gegenüber Altpapier-Recycling 15 Prozent CO2-Emissionen einsparen und im Vergleich zum konventionellen Zellstoff aus Holz sogar 23 Prozent. Auf Chemikalien kann im Herstellungsprozess komplett verzichtet werden. Ein mechanisches Verfahren gewinnt Grasfaser aus getrocknetem Gras.
In einem großen Behälter mit einem rotierenden Messer werden die Grasfasern auf 500 bis Zehn Millimeter gekürzt. Anschließend wird das Gras gesäubert, indem ein Zyklon alles herausbläst, was kein Gras ist. Danach kommt das gesäuberte Gras in eine Mühle. Je nach Faserlänge gibt es spezielle Maschinen. Die Mühlen verarbeiten den Zellstoff mit Walzen weiter. Die durch die Walzen aneinander gepressten Fasern werden in der nächsten Stufe wieder voneinander gelöst und aufgelockert, da sie nun nach Länge gesiebt und sortiert werden. Das optimale Ergebnis erhält man durch eine gleichmäßige Mischung aus langen, mittleren und kurzen Fasern, die im Anschluss zu zylindrischen Pellets gepresst werden. Dadurch werden die Fasern bis zur Weiterverarbeitung haltbar gemacht.
Graspapier kann über die Papiertonne recycelt werden. Man könnte es sogar kompostieren. Doch die Hersteller bitten um das recyceln über das Altpapier, damit es zurück in den Wertstoffkreislauf gelangt.
Vielleicht haben Sie sich auch schon gefragt, ob das Gewinnen von Grasfasern für Papier in Konkurrenz zur Tierfutterherstellung steht. Verschiedene Hersteller verneinen dies. Zum einen stammt das Gras von Überschussflächen, die nicht der Heugewinnung dienen, zum anderen aus Ausgleichsflächen. Zudem ergab eine Studie aus Rheinland-Pfalz, dass etwa 20 Prozent des Grünlandaufwuchses nicht für die Futterherstellung benötigt werden. Das wären 62.000 Tonnen pro Jahr aus nur einem Bundesland. Aus diesen 62.000 Tonnen ließen sich 51.667 Tonnen Kartons aus Gras herstellen Dies könnte eine zusätzliche Einnahmequelle für Landwirte sein, indem sie ihr Gras an Papierhersteller verkaufen. Aber auch der Grünschnitt von anderen Rasenflächen und Sportplätzen käme ebenso für die Papierherstellung in Frage.
Ein weiterer Vorteil wären kurze Transportwege, denn Gras wächst in Deutschland überall. Das würde zusätzlich noch einmal CO2-Emissionen senken.
Kommen wir zum Schluss noch zum Vergleich von Papier aus frischem Holz (Kraftliner), Papier aus recyceltem Papierzellstoff (Testliner) und Graspapier. Vor allem das Papiergewicht in Gramm pro Quadratmeter (Grammatur) ist ein entscheidendes Merkmal, je höher es ausfällt, desto fester und undurchsichtiger ist das Papier.
Bei Graskarton mit 30 Prozent Grasfaseranteil erreicht die Grammatur einen Wert von 170g/m2. Graspapier mit einem Grasfaseranteil von 37 Prozent, 13 Prozent Holz- und 50 Prozent Recyclingmaterial auf eine Grammatur von 100 bis 200g/m2. Kraftliner-Papier erreicht eine Grammatur bis zu 225g/m2, bei Karton liegt der Wert zwischen 100g/m2 und 440g/m2. Testliner-Papiere erreichen Grammaturen von bis zu 200g/m2. Bei Karton liegt der Wert bei 350g/m2, wenn er aus recyceltem Zellstoff besteht. Pappe mit 20 Prozent Holzanteil kommt auf 338g/m2.
Man sieht anhand der Werte, das Graspapier und -karton durchaus mit dem herkömmlichen Papier mithalten kann. Die Hersteller selber empfehlen aber bisher, es als Kartonagen zu nutzen, da es eine gröbere Faserstruktur besitzt und einen grünlichen Stich hat. Außerdem ist es nicht ganz so reißfest wie herkömmliches Papier.
Abschließend noch ein Hinweis an alle Allergiker: Graspapier riecht zwar wunderbar nach getrocknetem Heu, aber es ist absolut unbedenklich. Damit es in der Papierindustrie zugelassen werden kann, muss es allergenfrei sein. Ein potentielles Allergen im Gras ist Schimmel, dies wird aber im Reinigungsprozess der Fasern entfernt.
Quellen:
https://www.graspapier.de/
https://ecoon.de/graspapier-nachhaltige-verpackung/#4-graspapier-herstellung-in-deutschland