Umweltbüro Lichtenberg

Solawi – Solawas? Solidarische Landwirtschaft im Selbstversuch Teil 3

Freitag, der 22.04.2016    

Die Straßenbahn, die mich nach Schöneweide bringen soll, fährt nur alle 20 Minuten. Für Berliner Verhältnisse ist das unglaublich selten. Natürlich ist sie gerade weg, als ich an der Haltestelle ankomme. Man kann auch einmal Umsteigen in Kauf nehmen, allerdings verpasse ich wieder den Anschluss und muss die letzten drei Stationen laufen. Uff, es muss ein schweres Leben sein, wenn man in Schöneweide wohnt. Dafür stelle ich bei meiner Wanderung fest, dass sich kleine aber feine Läden angesiedelt haben, die ein bisschen an die alternative Szene in Prenzlauer Berg erinnern. Nur nicht so spießig. Vielleicht wohnt es sich hier ja doch nicht so schlecht. Bei der Gemüseabholung klappt alles, ich treffe sogar einen anderen Mitstreiter. Wir wechseln ein paar Worte auf dem Gang, mehr ist nicht drin, schließlich fährt die Bahn nicht so oft. Dieses Mal in meiner Kiste: Kartoffeln, Möhren, Schnittlauch (wie versprochen), Salat und Radieschen. Zusammen mit gefühlt 300 Studenten der HTW quetsche ich mich in die Straßenbahn. Eigentlich ist mir jetzt schon klar, dass ich diesen Weg nicht jeden Freitag fahren möchte. Auf Dauer ist das einfach zu weit. Ein Depot, das näher an meiner Wohnung dran ist, das wäre es! Ich nehme Kontakt zu einer anderen solidarischen Landwirtschaft auf, die ihr Gemüse in den einzigen Bioladen Hohenschönhausens liefert. Ich bin gespannt, welche Entwicklungen mein Experiment noch nehmen wird. Ich finde, dass es sich jetzt schon gelohnt hat!           

Freitag, der 13.05.2016    

Wegen des Feiertages hat sich die Lieferung meines Gemüses um eine Woche verschoben. Mir kommt es gelegen, da ich in der Woche davor nicht in Berlin war. Es wäre allerdings auch kein Problem gewesen, meinen Anteil von jemand anderem abholen zu lassen. Es ist 22 Uhr und ich habe einfach bis jetzt keine Zeit gehabt, nach Schöneweide zu fahren. Ich mache mich auf den Weg und bin gespannt, ob die Abholung rund um die Uhr tatsächlich möglich ist. Wie versprochen sitzt ein Nachtportier am Empfang und ich eile zu meinem Gemüse. Einsam und verlassen liegt mein Anteil da, alle anderen haben ihr Gemüse schon abgeholt. Als ich auf die Straßenbahn warte, esse ich das ganze Bund Radieschen auf. Es geht doch nichts über ein Abendbrot aus Bio-Radieschen nachts an einer Straßenbahn-Haltestelle in Schöneweide. Ab dieser Woche kommt die Gemüselieferung im Wochenrhythmus. Und für mich ist nach dem nächsten Mal Schluss, da mein Probemonat vorbei ist. Kulinarisches Highlight in dieser Woche: Meine Mama lernt, dass man Blattspinat auch sehr gut zu einem leckeren Salat verarbeiten kann.           

Freitag, der 20.05.2016    

Das letzte Mal solidarische Landwirtschaft innerhalb meines Probemonats und ich schaffe es nicht, mein Gemüse abzuholen. Geburtstagsfeier, Arbeiten, Hobby, hier hin und da hin, und dann ist der Ausflug nach Schöneweide einfach zeitlich nicht mehr machbar gewesen. Mein Gemüse wird an die Mitstreiter verteilt, die sich natürlich freuen. Jetzt ist es also für mich an der Zeit ein Resümee zu ziehen. Regionales und saisonales Gemüse direkt vom Berliner Stadtrand, was will man mehr? Geschmacklich und aus Sicht der Nachhaltigkeit unschlagbar. Preislich war das Ganze auch erschwinglich. Nur genügend Zeit zum Abholen muss man haben. Die hab ich zwar nicht, aber ein paar Zugeständnisse muss man schon machen. Für mich ist das Experiment solidarische Landwirtschaft jetzt noch nicht beendet. Nach ein paar Gesprächen habe ich mich dazu entschlossen, zu der Solawi zu wechseln, die in meine Nähe liefert. Dort heißt es dann allerdings nicht mehr Solawi sondern Solila ;-) Ich werde sehen, wo mich das Ganze hinführt und hoffe, dass ich es langfristig schaffe, ein Teil dieser neuen Ernährungskultur zu sein. Im Supermarkt, in der Obst- und Gemüseabteilung, fühle ich mich auf jeden Fall immer öfter unwohl. Ich studiere die Etiketten und stelle fest, dass kaum Produkte aus Deutschland verkauft werden. Dabei wird doch fast vor unserer Haustür alles regional produziert! Aber warum muss es denn immer die Tomate aus Spanien oder der Salat aus Italien sein? Ist das jetzt gewollt und nennt sich dann „globale Vernetzung“ oder „Welthandel“? Ist das jetzt die Globalisierung? Denkt doch mal darüber nach und fangt bei euch selbst an! Und glaubt mir, regional ist alles andere als eintönig!

Wer jetzt Lust bekommen hat: Unter www.ernte-teilen.de könnt ihr schauen, welche Solawi in eure Nähe liefert.

 

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