Im vergangenen Herbst führte ich eine angeregte Unterhaltung mit meiner Oma über Vogelhäuser im Garten. Meine Oma hatte sich 40 Jahre lang mit vollster Hingabe um ihren Garten gekümmert und wollte ihn nun an uns abgeben. Sie war fest davon überzeugt, dass im Spätsommer alle Vogelniststätten im Garten kontrolliert und gereinigt werden müssen. Sonst kämen im nächsten Jahr keine Bewohner. Ich hielt dagegen, mit dem Argument, dass in ihrer natürlichen Umgebung ja auch niemand käme und die Baumhöhle reinige. Die Vögel würden das schon irgendwie selber erledigen.
Tatsächlich kann ich nach einiger Recherche sagen, dass es durchaus sinnvoll ist, die Brutplätze im späten Sommer zu leeren und zu reinigen. Dabei gilt es, alte Nester mitsamt den darin lebenden Parasiten wie Vogelflöhen, Milben und Zecken aus den Kästen und Höhlen zu entfernen, damit die Vogelbrut im kommenden Jahr nicht übermäßig befallen wird. Denn die Vögel haben tatsächlich keine Möglichkeit das Material vom Vorjahr zu entfernen und würden ihr neues Nest eher oben drauf bauen. Somit sind sie aber auch für Marder, Eichhörnchen, Specht und Eichelhäher leichter zu erreichen. Der beste Zeitpunkt ist der frühe Herbst, bevor es richtig kalt wird, denn dann beziehen mitunter viele Kleintiere, wie etwa der Siebenschläfen, verschiedene Mäusearten, Hummel- und Wespenköniginnen, Ohrwürmer die Vogelhäuser. Zudem übernachten einige Vogelarten wie etwa Meisen in kalten Winternächten gerne in den Nistkästen.
Ausnahmen bilden Mauerseglerkästen, denn diese bauen ihr Leben lang an einem Nest und kehren immer wieder zu diesem zurück. Hier würde man ihnen also jegliche Grundlage nehmen und die Brut könnte nicht stattfinden. Auch Schwalbennester sind ganzjährig geschützt und werden von den Vögeln jedes Jahr wieder bezogen
Wer es im Spätsommer nicht mehr schafft, kann seine Nistkästen auch erst zum Winterende reinigen, also unmittelbar vor der Brutzeit. Es ist dann allerdings nicht ganz einfach, den richtigen Zeitpunkt abzupassen, da einige Vögel sehr früh mit dem Brutgeschäft anfangen und gleichzeitig die Gefahr besteht, Winterschläfer zu stören.
Zur Reinigung selber ist nicht viel Zubehör notwendig es dürfen niemals scharfe chemische Reinigungsmittel oder gar Desinfektionsmittel verwendet werden. Es reicht, wenn der Kasten gründlich ausgefegt wird. Bei starkem Parasitenbefall kann man auch mit klarem Wasser und gegebenenfalls etwas Seifenwasser ausspülen. Anschließend sollte das Kasteninnere gut austrocknen können. Schließlich muss der Nistkasten nicht unsere Hygiene-Vorstellungen von der eigenen Wohnung erfüllen. Damit es keine Überraschungen gibt, sollte die Umgebung des Nistkastens am besten schon einige Tage vorher beobachtet werden, um sicher zu stellen, dass wirklich alle ausgezogen sind. Unmittelbar vorher empfiehlt es sich, kurz anzuklopfen, damit eventuelle Nachmieter gewarnt sind und ihre Behausung verlassen können.
Die in den Kästen brütenden Vögel bieten allerlei Bewohnern ein Quartier. Mit dem Nistmaterial gelangen Trauerfliegenlarven, Asseln, Springschwänze und Hornmilben in den Kasten und damit in einen idealen Lebensraum. Kommen Motten, Aas- und Speckkäfer hinzu, ist das Recyclingsystem in der Bruthöhle perfekt, denn sie bauen organisches Material im Kasten wieder ab – eine sinnvolle Einrichtung in Naturhöhlen. Meistens leben all diese Tierarten friedlich neben- und miteinander.
Treten allerdings Parasiten in zu großer Zahl auf, meiden Vögel die Nistkästen. Parasiten finden in dessen feucht-warmem Milieu ideale Bedingungen, denn ihr gesamter Entwicklungszyklus vollzieht sich im Nistkasten. Auch spezialisiert auf die gefiederten Kastenbewohner haben sich unter anderen Milben und Federlinge. Von letzteren „Vögelläusen“ gibt es 40 Arten, sie ernähren sich von Bestandteilen der Vogelfedern. Alle erwähnten Arten zählen ebenso zum Lebensraum Nistkasten wie die Singvögel, die wir damit fördern wollen. Die Besiedlung von Brutplätzen durch Wanzen, Federlinge und Zecken ist ein völlig natürlicher Vorgang. Interessanterweise nutzen Vögel die Mitbewohner am Nest nicht als Nahrungsquelle, da sie am Brutplatz kein Nahrungserwerbverhalten entwickeln. Nur ein übermäßiges Auftreten der Parasiten kann Nachteile für die Vogelbrut haben. Um dies zu vermeiden, ist bei Nistkästen also eine gewisse Pflege unumgänglich.
Omi hatte also Recht...
Quelle: www.nabu.de