Ammovit kann als Sanitärzusatz für Fäkalientanks in mobilen Toiletten oder zur Aufbereitung von Fäkalien in Sammelgruben verwendet werden. Die Grundidee beim Einsatz von Ammovit ist die spätere Kompostierung der Fäkalien und die anschließende Verwendung als Dünger. Ammovit ist hochwirksam, so dass bereits geringe Mengen ausreichen, um die volle Wirkung zu entfalten. Nach der empfohlenen Einwirkzeit von fünf Tagen sind sämtliche Exkremente im Sammelbehälter vollständig umgewandelt.
Was ist Ammovit?
Ammovit besteht zu etwa 98 % aus Eisen-II-Sulfat-Heptahydrat (FeSO4 x 7 H20) und zu etwa 2 % aus Calciumcarbonat (CaCO3). Das Eisen-II-Sulfat als Hauptbestandteil wirkt im biochemischen Prozess als Reduktionsmittel und kann teilweise auch durch Luftoxidation zu Eisen-III-Sulfat oxidiert werden. Eisen-II-Sulfat wird auch bei der Abwasserreinigung in Kläranlagen verwendet und dient dort als Fäll- und Flockungsmittel. Besonders große Kläranlagen verwenden es häufig zur Phosphatelimination.
Ammovit beseitigt die bei der biochemischen Umwandlung von Fäkalien durch Mikroorganismen entstehenden Stoffe Ammoniak (NH3) und Schwefelwasserstoff (H2S). Dies geschieht durch die Umwandlung von Schwefelwasserstoff in schwerlösliches Sulfid sowie in Schwefelsäure, welche durch das zugesetzte Calciumcarbonat neutralisiert wird. Das Ammoniak wird in Ammonium- bzw. Harnstoffsalze umgewandelt, welche wichtige Stickstoffdünger darstellen. Die Methanbildung wird von Ammovit nicht beeinflusst.
Der Hersteller weist für Ammovit keine biozide Wirkung aus. Bakterien, Viren, Parasiten und andere Mikroorganismen werden also nicht abgetötet. Weiterhin ist davon auszugehen, dass in den Fäkalien enthaltene Bestandteile wie Medikamentenrückstände oder Hormone weder umgewandelt noch beseitigt werden.
Gemäß Einstufung durch den Hersteller fällt Ammovit in die Wassergefährdungsklasse WGK I und gilt somit als schwach wassergefährdend. Deshalb sollte es nicht in das Grundwasser, in die Kanalisation oder in Gewässer gelangen.
Gesundheitliche Schädigungen, Intoxikationen oder Umweltschäden durch Ammovit bei sachgemäßer Anwendung und Dosierung sind bisher nicht bekannt.
Was ist bei der Anwendung zu beachten?
Zuallererst sollte sich der Anwender unbedingt darüber informieren, ob der Einsatz des Produktes überhaupt erlaubt ist. Dies kann von Bundesland zu Bundesland verschieden sein. Hier helfen entweder der örtliche Wasserversorger, das Gesundheitsamt oder die Umwelt- und Naturschutzbehörde weiter. Außerdem kann es sein, dass verschiedene Kleingartenvereine den Einsatz von Ammovit komplett verbieten. Die Verwendung könnte dann schlimmstenfalls den Ausschluss aus dem Verein zur Folge haben. In Berlin haben sich die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zusammen und die Bezirke darauf verständigt, dass eine Verwendung von Ammovit aus Gründen des Grund-, Oberflächenwassersschutzes und Bodenschutzes untersagt ist.
Nach dem Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen muss dann auf eine korrekte Behandlung und Verwendung der Fäkalien geachtet werden. Aus hygienischen Gründen muss der Fäkalkompost stets getrennt von einem normalen Komposthaufen verrotten, am besten so, dass ein weitgehend verrotteter Fäkalkomposthaufen noch mindestens ein Jahr ruhen kann, während in einem zweiten die aktuelle Nachkompostierung läuft. Mit einer Kompostierungsdauer von mindestens 2 Jahren sollte sichergestellt werden, dass ein Großteil der Bakterien und Viren zersetzt wird. Dennoch sollte jedes Obst oder Gemüse, das mit diesem Fäkalkompost gedüngt wird, vor dem Verzehr gründlich gewaschen werden.
Wo Licht ist, ist auch Schatten
Ein wichtiges Problem bei der Verwendung von Ammovit bleibt jedoch unberücksichtigt, denn dieses Produkt verringert nicht den Gehalt an Medikamentenrückständen, Antibiotika oder Hormonen in den Fäkalien. Durch langjährige und intensive Nutzung menschlicher Exkremente als Dünger kann es zu einer Anreicherung dieser Stoffe im Boden und somit auch im angebauten Obst und Gemüse kommen. Eine höhere Konzentration dieser Stoffe im menschlichen Nahrungskreislauf wäre dann nur noch eine Frage der Zeit. Die Wissenschaft steht bei der Erforschung der Gefährlichkeit dieser Stoffe noch am Anfang, vor allem wenn es um Konzentrationen und Wechselwirkungen geht. Dennoch ist das Problem aber bereits in den Fokus der Wasserversorger gerückt. Dort wird vielerorts schon an einer vierten Klärstufe mit Bioaktivkohle für Kläranlagen geforscht, um diese Schadstoffe zukünftig aus unserem Trinkwasser herauszufiltern.
Ammovit ist aufgrund seiner Wirkungsweise und Bestandteile grundsätzlich kein schädliches Produkt, sondern weist sogar nützliche Eigenschaften auf. Allerdings stellt es keine Gesamtlösung für die Behandlung von Abwässern und Fäkalien im Kleingarten dar, da es nur in Teile des biochemischen Transformationsprozesses eingreift und Fremdstoffe wie Antibiotika, Medikamentenreste und Hormone nicht reduziert. Auch wenn die Gefährlichkeit dieser Stoffe noch nicht umfassend wissenschaftlich belegt ist und die Untersuchungen hierzu noch andauern, sollte dieser Aspekt bei der Verwendung von Ammovit auf keinen Fall außer Acht gelassen werden.
Wenn vor dem Einsatz von Ammovit sowohl die rechtlichen als auch die technischen Aspekte der Anwendung geklärt sind, stünde einer Verwendung im Kleingarten eigentlich nichts im Wege. Vielleicht wäre es aber auch eine gute Idee, sich einmal Gedanken darüber zu machen, ob man die Menge an Fäkalien im Kleingarten nicht einfach reduzieren kann, denn der Einsatz von Chemie ist möglicherweise nicht immer die Lösung für alle Probleme…
Quellen:
http://agrotex.de/wp-content/uploads/2016/06/Gutachten_Ammovit_20100719.pdf
http://zamann.co/arzneimittelrueckstaende-im-trinkwasser-medikamente-aus-dem-wasserhahn
UfU e.V. - Unabhängiges Institut für Umweltfragen: Studie “Abwasservermeidung und -entsorgung in Kleingärten”