Die Energiewende ist beschlossene Sache. Die Abwasserwärmenutzung kann eine wichtige Rolle bei den Bemühungen unserer Stadt, bis 2050 klimaneutral zu werden und den Primärenergiebedarf um 85 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, spielen. Zudem ist Abwasser eine regenerative und umweltfreundliche Energiequelle. Die Technologie der Abwasserwärmenutzung wird bereits seit mehr als 30 Jahren angewandt, dennoch ist sie noch nicht sehr verbreitet.
Die Rückgewinnung der Wärme aus Abwasser erfolgt entweder im Gebäude selbst, aus der Kanalisation oder nach dem Klärprozess. Die Wärme kann dann z. B. zur Gebäudebeheizung oder bei der Trinkwasserbereitung genutzt werden.
Abwasserwärme wird mittels Wärmetauscher gewonnen und die Temperatur durch den Einsatz von Wärmepumpen auf ein nutzbares Niveau angehoben. Der Wärmetauscher erfüllt zwei Funktionen. Er entzieht dem Abwasser Wärme und trennt das saubere Heizsystem vom schmutzigen Abwasser. In den meisten Fällen besteht er aus Metall, aufgrund der guten Wärmeleitfähigkeit meist aus Kupfer oder Aluminium.
Das Berliner Abwasser fließt in mehr als 150 Abwasserpumpwerke und von dort werden die Abwässer über 1.173 Kilometer durch Druckrohrleitungen zu den städtischen Klärwerken geführt. Abwasser verfügt in der Regel das ganze Jahr hindurch über ein relativ konstantes Mindesttemperaturniveau. Dies liegt im Wohngebäude zwischen 15 bis 25 °C, in der Kanalisation oder Kläranlage zwischen 10 bis 15 °C sowie bei industriellem Abwasser bei 60 °C. Da lohnt es sich schon, dieses Potential zu nutzen!
Deutschlandweit sind über 35 Abwassernutzungsanlagen in Betrieb gegangen. In unserem Bezirk Lichtenberg haben wir sogar zwei Vorzeigeprojekte:
In einem Doppelwohnhaus in der Seefelder Straße 48/50 der Berliner Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE wird seit Dezember 2008 eine Abwasserwärmenutzungsanlage betrieben. Das Wohngebäude mit 294 Wohnungen hat einen Abwasseranfall von etwa 52 Kubikmeter pro Jahr. Aus zwei Abwassersammelleitungen wird vor der Einleitung in die Kanalisation Wärme zurückgewonnen und mittels einer Wärmepumpe nutzbar gemacht.
Im Eingangsbereich des Doppelhochhauses wurde eine Anzeigetafel angebracht, auf der die aktuellen Abwassertemperaturen in den beiden Abwassersammelleitungen sowie die durchschnittliche Anzahl der Wohnungen, die momentan durch die bereitgestellte Wärmemenge mit Warmwasser versorgt werden, ablesbar sind. Anhand der Jahresdauerlinie der Abwassertemperaturen ist ein stabiler Temperaturbereich zwischen 12 °C und 35 °C zu erkennen. Die mittlere Abwassertemperatur über das ganze Jahr betrachtet liegt bei etwa 22 °C.
Im 2010 eröffneten IKEA Einrichtungshaus an der Landsberger Allee deckt die Anlage zur Abwasserwärmenutzung im Winter bis zu 70 Prozent der für die Heizung benötigten Energie. Im Sommer funktioniert es entgegengesetzt, die Wärmeenergie aus dem Abwasserkanal reicht aus, um das gesamte Haus zu klimatisieren.
Durch einen Wärmetauscher, der an das Abwasserdruckrohrnetz angeschlossen ist, strömen 500 bis 1.400 Kubikmeter Abwasser pro Stunde, dessen Wärme energetisch genutzt wird. Die Technologie der Abwasserwärmenutzung wird hier außerdem kombiniert mit einer Photovoltaikanlage und einer Regenwassersammelanlage für die Toilettenspülung.
Weitere Informationen zum Thema gebäudeintegrierte Abwasserwärmenutzung können der Broschüre „Gebäudebezogene Nutzung von Abwasserwärme“ entnommen werden.