Empfehlenswert oder eher nicht?
Der Forest Stewardship Council (FSC) ist eine im Jahr 1990 in Kalifornien gegründete Initiative, die ein System zur Zertifizierung nachhaltiger Forstwirtschaft erarbeitet hat und dieses stetig weiterentwickelt. Unterstützt wird sie von Menschenrechtsorganisationen, Umwelt – NGOs, Händlern und Industriebetrieben. Der FSC hat mit seinen weltweit gültigen Kriterien ein Regelwerk erstellt, welches nachhaltige, umweltschonende sowie soziale Aspekte beinhaltet. Er ist der derzeit anerkannteste Standard im Hinblick auf die Forstwirtschaft, trotzdem gibt es von verschiedenen Seiten Kritik. Ob FSC-zertifiziertes Papier aus Umweltsicht empfehlenswert ist oder doch lieber auf Recyclingpapier zugegriffen werden soll, klärt dieser Beitrag.
Autorin: Sabine Engert, Naturschutz Berlin-Malchow
Als eine der Koordinatorinnen der Initiative Papierwende Netzwerk Berlin, setze ich mich seit mehr als zwei Jahren dafür ein, Papiergenerell zu sparen. Wenn nun aber erforderlich, sollte Recyclingpapier verwendet werden, das mit dem Blauen Engel oder dem ÖKOPAplus-Label gekennzeichnet ist und bis zu 100% aus Altpapier besteht. Dieses Papier ist uneingeschränkt zu empfehlen.
Was die Papierprodukte mit einem FSC Siegel betrifft, die neuerdings stark auf den Markt drängen und aus 100% Frischfasern bestehen, bedarf es zur fundierten Einschätzung einiger Hintergrundinformationen.
Die vorab gestellte Frage ist nicht einfach mit ja oder nein zu beantworten.
FSC – Forest Stewardship Council - ist eine im Jahr 1990 in Kalifornien gegründete Initiative zum Schutz der Wälder. Unterstützt wird sie von Menschenrechts- und Umweltorganisationen, NGOs, Händlern und Industriebetrieben. Infolge der unbefriedigenden Ergebnisse hinsichtlich der nachhaltigen Nutzung von Wäldern auf dem Umweltgipfel in Rio 1992, fand die Initiative FSC weltweit Unterstützer und Förderer. Darunter finden sich u.a. Greenpeace, der WWF (World Wildlife Fund) sowie verschiedene Gewerkschaften und Interessengruppen indigener Völker. Heute ist FSC eine gemeinnützige, weltweit tätige Organisation mit nationalen Gruppen in 80 Ländern. Die deutsche Arbeitsgruppe hat ihren Sitz in Freiburg. Der FSC hat mit seinen weltweit gültigen Kriterien ein Regelwerk erstellt, welches nachhaltige, umweltschonende sowie soziale Aspekte enthält. Die Gewährleistung von Biodiversität, die Dokumentation und Bewertung der Nachhaltigkeit sowie ökonomische Effizienz und Vielfalt finden hier ebenso Beachtung wie die Erstellung und Umsetzung eines Bewirtschaftungsplanes. Weitere Ziele sind die Verankerung langfristiger Besitzansprüche und Nutzungsrechte an Land- und Forstressourcen, der Schutz indigener Völker sowie die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen. Der FSC zertifiziert sowohl die nachhaltige Forstwirtschaft für alle Holzarten, als auch ganze Produktketten. Für unser Papier bedeutet das, dass vom Fällen des Baumes bis zum fertigen Produkt, wie bspw. einem Tetra-Pack-Getränkekarton, jedes beteiligte Unternehmen nach den FSC-Kriterien und -Standards arbeiten muss. Nur dann darf der Karton das FSC-Label tragen.
Der Markt für das zertifizierte Holz ist wie der Strommarkt nach dem Input-Output-Verfahren geregelt: Die Menge des produzierten und zertifizierten Endproduktes entspricht der vom Betrieb eingesetzten Menge zertifizierter Fasern. Da hierfür die Fasern meist nicht ausreichen, prangt auf den meisten Papierprodukten das FSC-Mix-Label. Es besagt nichts weiter, als dass nicht alle Fasern im Produkt FSC-zertifiziert sind. Die Anforderungen an den nicht zertifizierten Holzanteil werden mit dem „FSC-Controlled Wood Standard“ vorgegeben. Hiermit soll garantiert werden, dass kein Holz aus illegalem Einschlag, aus Gebieten mit Menschenrechtsverletzungen oder aus gentechnisch veränderten Wäldern stammt. Das klingt alles sehr gut, aber der kritische Leser ahnt schon, dass eine so große Menge an Regelungen und Standards Kontrollen erfordert. Einmal jährlich prüft daher der FSC die zertifizierten Unternehmen, findet aber nicht immer alle Verstöße. Obwohl die Initiative illegale Holzeinschläge verbietet, gelangen Produkte mit Holz aus illegalen Quellen weiterhin nach Europa. Nicht überall greift der FSC. Nur 3% der weltweiten Waldfläche ist FSC-zertifiziert, davon 87% in Nordamerika und Westeuropa und nur 13% in den Tropen. Nicht alle holzverarbeitenden Firmen arbeiten nach den FSC-Standards, nicht immer gelingt es, die hohen Standards innerhalb des FSC einzuhalten und zu garantieren. So fanden sich schon Holzfasern aus Urwäldern in zertifizierten Produkten. Des Weiteren können sich auch schwedische Forstunternehmen zertifizieren lassen, die nach dem ökologisch desaströsen Kahlschlagprinzip arbeiten. Am 03. März 2013 trat deshalb die EU-Holzhandelsverordnung in Kraft, die es verbietet, Produkte mit Holz aus illegalen Quellen in die EU einzuführen. Wieder eine Regelung, die weitere Kontrollen erfordert.
Auch wenn der FSC der zurzeit anerkannteste Standard im Hinblick auf die Forstwirtschaft ist, gibt es von verschiedenen Seiten Kritik. Die europäische Forstwirtschaft beansprucht den Nachhaltigkeitsgedanken ohnehin für sich und findet die Kosten und den bürokratischen Aufwand für das FSC-Label zu hoch. Viele Umweltverbände beanstanden vor allen Dingen, dass auch Plantagen zertifiziert werden können. Zwar dürfen sie nicht aus der Umwandlung von Naturwäldern hervorgehen, auch gentechnisch veränderte Bäume und Pestizide sind tabu, aber es bleiben Monokulturen mit allen ökologischen Nachteilen. Laut „Rettet den Regenwald“ stehen den 70 Millionen Hektar FSC-Wald etwa 50 Millionen Hektar Holzplantagen gegenüber. Demnach sind über 40% der FSC-Flächen Monokulturen. Langfristig wird vom FSC eine teilweise geregelte Rückumwandlung von der Plantage in einen Naturwald gefordert. Zudem sollen negative Auswirkungen auf Wasser und Boden bei der Betreibung der Plantagen vermieden werden. Die Umsetzung steht aber auf einem ganz anderen Blatt. Plantagen werden auf der Internetseite des FSC-Deutschland unter anderem damit gerechtfertigt, dass die hohe Nachfrage der westlichen Welt an Papier nur auf diesem Weg zu decken ist. Um den Druck zu mildern, wird dort empfohlen, Papier zu sparen bzw. Recyclingpapier zu kaufen.
Das entspricht exakt dem Anliegen der Papierwende Netzwerk Berlin und damit schließt sich der Kreis. Neuerdings gibt es übrigens auch FSC-zertifiziertes Recyclingpapier, hergestellt aus 100% Altpapier. Weitere Angaben z.B. über die Produktionsbedingungen fehlen jedoch, viele Kunden sind verunsichert. Um auf Nummer sicher zu gehen, greifen Sie als Verbraucher daher lieber auf Papierprodukte mit dem Blauen Engel zurück. Was FSC- und FSC-Mix-Papier angeht, bedenken Sie, dass es sich hier um Frischfaserpapier handelt und dass auch unter FSC-Bedingungen die Waldressourcen endlich sind. Es sollte stets nur die zweite Wahl sein. Für weitere Informationen bzw. die Buchung einer Veranstaltung zum Thema in Ihrer Schule, Ihrem Jugendclub oder in einer anderen Einrichtung steht Ihnen Papierwende Netzwerk Berlin unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! gerne zur Verfügung. Besuchen Sie auch unsere Internetseite www.papierwende-berlin.de.
Sabine Engert