Sie können lautlos durch die Luft fliegen oder leise durchs Gebüsch schleichen. Dass es dunkel ist, macht ihnen nichts aus. Wenn die Sinnesorgane tagaktiver Wesen langsam versagen, kommen die Augen und Ohren der nächtlichen Kreaturen erst richtig zur Geltung. Sie jagen in der Dunkelheit. Mit ihren besonderen Sinnesorganen spüren sie gerade nachts reichlich Beute auf.
Auf uns Menschen wirken nachtaktive Tiere gleichermaßen faszinierend wie bedrohlich. Ihre "übernatürlichen" Sinne bieten reichlich Stoff für Mythen und Legenden.
Besonders bei Landtieren ist es während der Evolution zu einer deutlichen Spezialisierung auf primäre Tag- oder Nachtaktivität gekommen. Auf im Wasser lebende Organismen trifft das weniger zu, da Wasser Temperaturunterschiede puffert. Vermutlich waren ursprünglich die meisten Landtiere hauptsächlich nachtaktiv, da sie sich gegen Austrocknung, Sonnenstrahlung und zu hohe Temperaturen schützen mussten.
Der spätere Schutz durch eine harte Cuticula oder Hornschicht ermöglichte Insekten und Reptilien die Besetzung attraktiver Nischen. Im Verlauf dieser evolutionären Entwicklung ging eine Perfektionierung der Körperfarben und der visuellen Kommunikation einher. In der Regel sind bei nachtaktiven Tieren die Geruchs- und die akustischen Sinne weit besser entwickelt. Nachtschmetterlinge und die meisten Säugetiere verfügen über einen exzellenten Geruchssinn, Heimchen, Eulen, Fledermäuse hören besser als jedes andere Wesen.
Die Säugetiere spezialisierten sich ursprünglich auf ein Nachtleben. So entwickelten nur wenige tagaktive Gruppen wie beispielsweise die Primaten das Farbsehen. Nachttiere haben in der Regel ausgesprochene Tarnfarben, die sie während der Ruhephase am Tag vor Fressfeinden schützen. Als Warnfarbe kommt in der Regel nur schwarz-weiß vor.
Mehr als vier Fünftel der heimischen Schmetterlinge sind Nachttiere. Viele Arten haben prächtig gefärbte Hinterflügel. Diese sind tagsüber unter den perfekt getarnten Vorderflügeln verborgen.
Ihre Partner finden Nachtfalter auf chemischem Wege. Die Männchen nehmen mit Sinnesorganen in ihren fächerförmigen, oberflächenvergrößerten Fühlern Duftstoffe der Weibchen auf. Ein Duftstoffmolekül pro Kubikmeter Luft reicht aus, um ihm den Weg zum Weibchen zu weisen. Diese Konzentration entspricht der Molekülmenge von einem Liter Tinte in der Ostsee.
Eulen haben für ein nächtliches Leben einige besondere Anpassungen entwickelt. So ist ihr Flügelschlag im Gegensatz zu einem tagaktiven Raubvogel fast lautlos. Das Gefieder der Eulen ist sehr weich. Ein besonders dichtes und samtartiges Polster auf der Oberseite der Flügel und kammartige Zähnchen an den Kanten der Schwingen verwirbeln den Luftstrom beim Fliegen und unterdrücken so jedes Geräusch. Außerdem sind die Tiere trotz ihrer Größe und Flügelspannweite extrem leicht. Das hat nicht nur den Effekt, dass die Beute nicht durch Flügelschlagen gewarnt wird, sondern bewirkt auch, dass das Gehör der Eule durch ihre eigenen Fluggeräusche nicht gestört wird.
Typisch für Eulen ist der dicke Kopf mit den großen nach vorn gerichteten Augen. Die Augen liegen in teleskopartigen, nach vorne verengten Knochenröhren. So sind die Augen besonders gut für das räumliche Sehen geeignet, was bei der Einschätzung von Entfernungen wichtig ist. Ein Nachteil ist, dass sich die Augen in ihren Augenhöhlen fast gar nicht bewegen können. Aber da Eulen ihren Kopf bis zu 270 Grad drehen können, entgeht ihnen trotzdem keine einzige Bewegung in der Nacht. Die Anzahl der lichtempfindlichen Zellen (Stäbchen) auf der Netzhaut ist bei den Eulen zudem weitaus größer als bei tagaktiven Vögeln.
Welche Strategien Pflanzen nutzen, erfahren sie in der nächsten Umwelt-Online-Ausgabe.