Umweltbüro Lichtenberg

Der Salamanderfresser breitet sich aus

In Ostasien lebt der mikroskopisch kleine Pilz auf der Haut verschiedener Salamander, ohne dass diese davon beeinträchtigt sind. Die asiatischen Arten konnten sich im Lauf der Evolution an den Pilz gewöhnen, doch die heimischen Feuersalamander und der Bsal-Pilz sind sich völlig fremd. So kommt es, dass das Immunsystem der 14 bis 20 cm großen Feuersalamander keinerlei Mittel gegen den Pilz bilden kann und der Pilz seine Wirtstiere innerhalb weniger Tage oder Wochen tötet, obwohl das der eigenen Verbreitung schadet. Der Pilz ernährt sich von Keratinen in der Amphibienhaut. Das sind dieselben Proteine, aus denen auch Fingernägel, Horn, Federn und Haare aufgebaut sind. Bei der Chytridiomykose, wie Veterinäre die Pilzerkrankung nennen, wuchert der Pilzkörper so stark, dass er die empfindliche Amphibienhaut nachhaltig schädigt. Der Salamanderfresser ist ein besonders aggressiver Keim, der buchstäblich Löcher in die empfindliche Amphibienhaut frisst. Beim genauen Hinschauen, kann auf der Haut infizierter Salamander ringförmige Läsionen und Wucherungen erkannt werden.

 

Amphibien sind in zwei Welten zu Hause. Sie haben Lungen, atmen aber auch über die Haut und sind mindestens in einer Lebensphase auf Wasser angewiesen. Beim Feuersalamander etwa entwickeln sich die Larven in kleinen Gewässern, wo sie vor räuberischen Fischen geschützt sind. Neben der Aufnahme von Sauerstoff dient die Haut der Lurche zum Austausch von Nährstoffen und zur Flüssigkeitsregulation. Ohne eine intakte Haut können Amphibien also nicht lange überleben.

 

Infektionsversuche im Labor an der Universität Ghent in Belgien enthüllten, warum die Salamander gegen diesen Pilz kaum eine Chance haben: Werden sie infiziert, reagiert ihre Immunabwehr so gut wie gar nicht auf den Krankheitserreger. Dadurch können auch Überlebende keine Resistenzen aufbauen. Hinzu kommt, dass bereits der Kontakt mit wenigen Pilzsporen ausreicht, um die Salamander tödlich erkranken zu lassen. Unglücklicherweise ist die Wahrscheinlichkeit eines Kontakts in einem befallenen Gebiet extrem hoch. Der Pilz bildet sehr widerstandsfähige und haltbare Sporen, die noch tagelang im Boden überdauern und Salamander anstecken können. Gleichzeitig können weniger anfällige Salamanderarten sowie Berg- und Kammmolch als Reservoire dienen. Im Gegensatz zu den Feuersalamandern überstehen viele Molche die Krankheit, indem sie den Pilz zum Beispiel über die Häutung loswerden. Frösche, Kröten und Unken zeigten bislang keine Symptome, können sich aber auch infizieren und damit den Pilz verbreiten. Der Bsal-Pilz gedeiht bei Temperaturen von 10 bis 15 Grad Celsius am besten und stirbt bei über 25 Grad Celsius ab, so dass man Terrarientiere durch eine Wärmebehandlung relativ einfach heilen kann. Den wild lebenden Salamandern, die es gern kühl und feucht mögen, hilft das allerdings wenig. Selbst wenn man sie einfangen und heilen würde, wäre die Salamanderpest in ihrem Lebensraum nicht aus der Welt. Sie würden sich schlicht aufs Neue infizieren.

 

In Deutschland hat das Bundesamt für Umweltschutz inzwischen ein Forschungsprojekt initiiert, das die Ausbreitung und Maßnahmen zur Eindämmung des Pilzes untersucht, aber auch die Bevölkerung sensibilisieren soll. Gleichzeitig widmen sich Amphibienforscher dem Aufbau einer Salamander-Arche. Die Erhaltungszucht in der Arche wird für den Fall eines ähnlichen Katastrophenszenarios, wie in Belgien und der Niederlande, in Deutschland eingerichtet. Es geht um Vorbeugung, um ein präventives Artenschutzmanagement. Forscher sind sich einig, dass es aber ein bundesweites Monitoringprogramm bräuchte, um die Ausbreitung zu überwachen, denn die Gefahr einer Weiterverbreitung in andere Landesteile ist sehr wahrscheinlich.

 

 

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