Die Zauneidechse ist eine der am häufigsten vorkommenden Reptilienarten Deutschlands. Die Art ist im Anhang-VI der Europäischen Flora Fauna Habitat (FFH) Richtlinie und auf der Berliner Roten Liste geführt und zählt zu den streng geschützten Arten in Deutschland. Im Bundesnaturschutzgesetz ist ein Tötungsverbot festgeschrieben, was zwingend eingehalten werden muss. Denn Deutschland hat im Rahmen der Europäischen Union eine besondere Verpflichtung zum Schutz der Zauneidechsen übernommen.
Somit sind nicht nur bei Baumaßnahmen besondere Auflagen zum Schutz und Erhalt der Art zu erfüllen.
Zauneidechsen kommen nicht selten genau dort vor, wo ein neues Bauvorhaben geplant wird. Bauplaner und Zauneidechsen haben es oft auf die gleichen Flächen abgesehen, wie zum Beispiel Industrie- oder Siedlungsbrachen, ehemalige Abbaugebiete oder sonstige trockenwarme, sandige Standorte. Auf all diesen Flächen wurde die Nutzung vor vielen Jahren aufgegeben und die Wiederbesiedlung mit Pflanzen und Tiere fand auf diesen nährstoffarmen Standorten statt. Die Zauneidechsen brauchen im Tageslauf besonnte und warme Bereiche und bevorzugen deshalb offene oder halboffene, trockene Lebensräume wie Trockenrasen, Waldsäume und Lichtungen, Brachflächen, Aufschüttungen oder Bahndämme. In Berlin gehören Böschungen an Bahndämmen, Straßen oder Wegen zu den begehrtesten Lebensräumen der Reptilien. Diese Vorliebe für Rand- und Grenzstrukturen spiegelt sich auch im Namen „Zaun“eidechse wieder.
Möchte ein Bauherr auf einer mit Zauneidechsen besiedelten Fläche bauen, wird die Zauneidechse monatelang abgesammelt und umgesetzt. Dazu muss der Bauherr in Abstimmung mit der Naturschutzbehörde Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen prüfen und wenn notwendig einen geeigneten Ersatzlebensraum schaffen. Vorher darf kein Bagger auf die Baufläche.
Geeignet ist ein Lebensraum, wenn er bestimmte Ansprüche der Eidechsen erfüllt. Dazu gehören u. a. das Vorhandensein von Versteckmöglichkeiten, Plätze, wo sich die Eidechsen gefahrarm sonnen können, Eiablageplätze, Nahrungsräume und Winterquartiere. Sind diese Ansprüche erfüllt und die Bereiche funktionstüchtig, wird um den alten sowie den neuen Lebensraum ein Reptilienschutzzaun aufgestellt und die Reptilien abgefangen und umgesetzt.
Dabei ist jedoch fragwürdig, ob dieses Vorgehen nicht gegen §44 Abs. 1 BNatSchG verstößt. Darin heißt es u. a.: „Es ist verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzten oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.“
Die zahlreichen Baumaßnahmen in Berlin in den letzten Jahren, haben dazu geführt, dass Zauneidechsen oftmals von A nach B und andere von C nach D umgesetzt werden, ohne dabei die räumliche Nähe einzuhalten. Oftmals stehen keine geeigneten Flächen für Ersatzhabitate in der Nähe zur Verfügung. Das ist zum Beispiel auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofs Schöneweide geschehen. Dort wurden Zauneidechsen abgefangen und auf ein Gebiet in der Nähe von Fredersdorf in Brandenburg umgesetzt. Ein anderer Teil der Reptilienpopulation wurde in den Landschaftsberg Herzberge in Lichtenberg umgesiedelt. Das hat zur Folge, dass es immer weniger freie Flächen in Berlin gibt, denn Zauneidechsen dürfen nur in ein „freies“ Habitat umgesetzt werden. Zum einen um das Verbreiten eventueller Krankheiten zu verhindern, aber auch um Populationsgrenzen zu erhalten. Die Umsiedlungen stellen per Gesetz eine Ausnahmeregelung dar, die durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz erteilt werden kann.
Die Ausnahmeregelung zur Umsetzung von Zauneidechsen wird inzwischen immer öfter durch den Senat erteilt und führt dazu, dass die Bauherren unkompliziert ihre Bauvorhaben umsetzen können. Die nötigen finanziellen Mittel werden anstandslos von Bauherren bereitgestellt. Der Artenschutz muss sich dabei meist übergeordneten Zielen unterordnen. Wenn auf dem Planungsgebiet Zauneidechsen vorkommen, aber keine oder nicht genügend geeignete Ersatzhabitate zur Verfügung stehen, sollten zukünftig auch mal die Notwendigkeit und der Umfang der geplanten Baumaßnahmen hinterfragt werden. Ergebnis könnte beispielsweise eine eingriffsärmere Ausbauvariante sein.
Ein hundertprozentiges Abfangen der Zauneidechsen von Bauflächen kann keiner garantieren. Eine Umsiedlung von Zauneidechsenpopulationen sollte also möglichst nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden. Dabei ist eine fachliche Unterstützung unverzichtbar und der zeitliche Aufwand für die Herrichtung des neuen Lebensraums und das Absammeln der Echsen sollte vor Beginn der Baumaßnahme an eingeplant werden.