Wahrscheinlich hat jeder schon einmal den Rotmilan über den großen Ackerflächen Brandenburgs kreisen sehen. Mit seinem gegabelten, rötlich schimmernden Schwanz, ist er ein beliebter und leicht zu erkennender Bewohner der Agrarlandschaft. Auf Feldern, die nicht zu dicht bewachsen sind, jagt er Kleinsäuger oder Singvögel. Auch Aas an Straßen oder Windkraftanlagen machen einen großen Teil seiner Nahrung aus. Seine Horste baut der Rotmilan gern auf Einzelbäumen, Baumreihen oder am Rand von Wäldern. Zwischen September und Oktober brechen die Milane zum Überwintern nach Spanien, Portugal oder Frankreich auf. Vor wenigen Jahren zogen noch alle Tiere in den warmen Süden, die milderen Winter in unseren Breiten führen jedoch vermehrt zu Überwinterungen in Deutschland. Diese Milane sind weder den Strapazen der langen Reise noch der Verfolgung in den Überwinterungsgebieten ausgesetzt und haben dadurch einen Vorteil gegenüber ihren ziehenden Verwandten.
Die meisten Rotmilane Deutschlands leben im Harzvorland in Sachsen-Anhalt. Insgesamt wurden bei uns zwischen 2005 und 2009 12.000 − 18.000 Brutpaare gezählt. Das scheint auf den ersten Blick eine große Anzahl zu sein, trotzdem würde der Rotmilan in Sachsen-Anhalt bei gleich bleibenden Fortpflanzungsraten innerhalb von 400 Jahren aussterben. Der Hauptverursacher dieser Problematik ist der Mensch und sein Einfluss auf die Lebensräume des Rotmilans. Der Verlust von Nahrungsflächen, Störungen durch den Menschen an den Brutplätzen, gewollte und ungewollte Vergiftungen sowie Unfälle an Windkraftanlagen, Stromleitungen und Straßen sind die wichtigsten Gefährdungsursachen.
Um den Rotmilanbestand in Deutschland zu fördern und ein Aussterben zu verhindern, ist eine vielfältige und strukturreiche Agrarlandschaft wichtig. Der Anbau von mehrjährigen Pflanzen wirkt sich positiv auf die Kleinsäugerpopulationen und somit auf die Nahrung des Rotmilans aus. Eine Extensivierung der Landwirtschaft, der Erhalt von Hecken und Randstreifen und eine Schaffung von Brachen und Ausgleichsflächen haben denselben Effekt. Allerdings müssen diese Flächen genutzt werden, da der Greifvogel auf dicht und hoch bewachsenen Flächen nicht jagen kann. Es ist eine Beweidung oder Mahd denkbar. Ist das Mahdgut nicht anderweitig verwendbar, kann die Verarbeitung des Grases in Biogasanlagen eine Möglichkeit sein. Hierzu wird verstärkt geforscht.
In Berlin kommen derzeit zehn Greifvogelarten vor: Habicht, Wanderfalke, Mäusebussard, Turmfalke, Schwarzmilan, Wespenbussard, Rohrweihe, Baumfalke, Seeadler und Sperber, insgesamt sind es 1.500 Tiere. Das letzte Rotmilan-Brutpaar wurde 2008 in Pankow gesichtet. Seit dem gilt der Rotmilan in Berlin als ausgestorben. Ein Problem sind die Windkraftanlagen in Brandenburg, an denen die Rotmilane häufig verenden, da sie Nahrung an den Anlagen suchen und die Rotorblätter nicht meiden. Hier ist es nun Aufgabe von Biologen, Politikern, Anlagenbetreibern und Landnutzern gemeinsam Maßnahmen zu formulieren und durchzusetzen, die den Rückgang der Rotmilane stoppen, damit dieser Greifvogel weiterhin in Deutschland existieren kann. Eine Rückkehr des Rotmilans nach Berlin ist leider unwahrscheinlich.
Quellen: Masterarbeit Elisa Igersheim „Der Einfluss des Biomasseanbaus auf den Rotmilan (Milvus milvus), www.rotmilan.org