Etwa 2.000 alte Nutzpflanzensorten hat der Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen in Brandenburg e.V. (VERN e.V.) in seinem Saatgutlager, die in regelmäßigen Abständen angebaut und somit regeneriert werden. Beim Anbau der Kulturen geht es nicht nur darum, die Pflanzen aufwachsen, blühen und ausreifen zu lassen, um dann Saatgut ernten zu können. Es geht auch darum, dass die einzelnen Sorten ihre sortenspezifischen Eigenschaften behalten, ohne dabei ihre genetische Vielfalt zu verlieren. Diese Art der Erhaltung nennt sich Erhaltungszucht. Vereinfacht gesagt, wird innerhalb der Bestände selektiert auf Form, Farbe, Geschmack, aber auch auf Gesundheit, Wuchsform und Widerstandsfähigkeit.
Dieses Jahr war für den VERN e.V. - ebenfalls wie für alle anderen, die vom Wetter abhängig sind - ein besonderes Jahr. In Berlin und Brandenburg fehlt seit Monaten der Niederschlag, auch im VERN-Schaugarten. Die warm/heiße und trockene Witterung hatte einige Nachteile und viele Vorteile für verschiedene Kulturen. Natürlich mussten viele Kulturen bewässert werden, besonders damit sie überhaupt keimten, wenn sie im Freiland ausgesät wurden. Auch die als Jungpflanzen vorgezogenen Kulturen mussten nach dem Auspflanzen lange und ausgiebig angegossen werden.
Eine der ersten Kulturen, die wir aussäten, war Anfang März eine Dicke Bohne (auch Saubohne, Puffbohne, Pferdebohne genannt). Dicke Bohnen können direkt nach dem Winter in die Erde gebracht werden, sie keimen oft schon Mitte bis Anfang März, wenn die ersten warmen Tage den Frühling ankündigen. Sie vertragen Spätfröste und sind im Mai oder Juni oft schon über einen halben Meter gewachsen und können den Bohnenläusen widerstehen, welche kleinere Pflanzen oft derart schädigen, dass sie ganz eingehen.
Bohnenläuse werden oft durch Ameisen verbreitet, von diesen wie eine Herde Kühe auf der Pflanze gehalten und sogar zu anderen Pflanzen oder frischeren Pflanzenteilen umgesiedelt, um dort eine neue „Herde“ zu halten. Der Grund ist, dass die Ameisen den sogenannten Bohnenlaustau, die süßen Ausscheidungen der Bohnenläuse, sammeln und als Futter für sich verwenden. Nebenbei beschützen sie ihre „Herden“ vor anderen Tieren, die auch an den Tau wollen oder, leider, auch vor Tieren, welche die Bohnenläuse fressen wollen, wie z.B. dem Marienkäfer. Besonders trockenes warmes Wetter, wie in diesem Jahr, führt zu einer Massenvermehrung von Bohnenläusen.
In normalen Jahren reicht es aus, wenn ein bewährtes Hausmittel angewendet wird, um den Bohnenlausbefall zu stoppen. Dazu wird eine Mischung aus 10 % Brennnesseljauche (kann schon einige Tage alt sein), 10 % homogenisierte Milch (mit 3,5 % Fettanteil) und 80 % Wasser verwendet. Diese Mischung wird jeden Tag auf die Pflanzen und damit auch auf die Blattläuse mit einer Spritzpumpkanne aufgebracht, nach drei bis vier Tagen ist der Bestand dann meistens frei von Bohnenläusen. Dieses Jahr war es nicht so, die Trockenheit ließ die Bohnenläuse weiter gedeihen und den Bestand an Dicken Bohnen nahezu zusammenbrechen. Erst einige regnerische Tage Ende Juni führten dazu, dass die Bohnenläuse verschwanden. Leider viel zu spät, so dass die Ernte nur sehr mager ausfiel.
Einige andere Kulturen, wie Tomaten, Kürbisgewächse und Paprika gediehen und gedeihen noch, dank der Hitze, besonders gut. Auch einige besondere Kulturen, die in diesem Jahr vermehrt werden konnten, wachsen dank der hohen Temperaturen gut. Die beiden Sorten Kalebassenkürbisse „Herkuleskeule“ und Flaschenkürbis“ stammen aus dem Mittelmeergebiet und ihre getrockneten und sehr stabilen Hüllen werden heute als Musikinstrumente und als Aufbewahrungsgefäße genutzt.
Vor ca. 100 Jahren gab es in Deutschland eine große Vielfalt an Melonensorten. Zur damaligen Zeit war der Transport exotischer Früchte sehr teuer und dauerte relativ lange, so dass die damaligen Pflanzenzüchter bestrebt waren, angepasste Sorten für den heimischen Anbau zu züchten. In diesem Jahr wurden drei Zuckermelonensorten im VERN-Schaugarten vermehrt.
Nachdem eine Sorte abgeerntet ist, wird das Saatgut aufbereitet und für die Einlagerung vorbereitet. Vor der Einlagerung wird das Saatgut auf seine Keimfähigkeit kontrolliert. Wenn die Qualität der jeweiligen Sorte stimmt, wird das Saatgut in das Compendium des VERN aufgenommen. Dann kann es per E-Mail, Brief oder Fax bestellt werden oder man kann die Pflanzen eventuell beim Tomatentag im Naturhof Malchow bekommen. Aufgrund der großen Sortenvielfalt ist es dem VERN e.V. leider nicht möglich, alle als Saatgut angebotenen Sorten als Jungpflanzen mitzubringen.
Es zeigt sich, dass es auf die Vielfalt ankommt, ob man immer eine Ernte erzielt. In nassen und kalten Jahren wachsen andere Pflanzen besser, als in warmen und trockenen. Bei einer ausreichend großen Vielfalt wird die Gartenbesitzerin oder der Gartenbesitzer immer mit Früchten der Arbeit belohnt, mal von der einen Sorte, mal von der anderen.
Der VERN e.V. wurde 1996 mit eben diesem Ziel gegründet, die Kulturpflanzenvielfalt zu erhalten. Er betreibt Dokumentation und Recherche zu historischen Nutzpflanzen, Saatgutvermehrung, Umweltbildung und unterhält ein Netz von Schaugärten.
Er hält historische und seltene, oft auch traditionell regional angebaute Kulturpflanzen für jedermann zugänglich und gibt hierfür alljährlich einen eigenen Saatgutkatalog, das Compendium, mit Erhaltungssorten heraus.
Jedes Jahr ist der VERN zum Kartoffel- und Tomatentag auch im Naturhof Malchow vertreten. Dort werden dann verschiedene alte Kartoffel- und Tomatensorten abgegeben.
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Tel.: 03 33 34 / 70 232