Umweltbüro Lichtenberg

Muss Gemüse wie Fleisch heißen?

Obwohl: Hier stand ja wenigstens nicht Wurst – wie beim „Wettbewerber“ mit der roten Mühle drauf, hier wurde also nicht wirklich behauptet, was nicht ist. Aber in der Fleisch und Wursttheke lag es dennoch. Und das ist für mich ja das eigentliche Rätsel: Wie kommt man als Fleischhauer, Schlachter, Metzger, Katzoff; Selcher, Metzler, Fleischhacker oder Knochenhauer dazu, eine manipulierte Sojabohne Wurst zu nennen? Das geht doch nicht.

 

Warum ist der Vegetarier/Veganer darauf erpicht, Fleisch und Wurst zu essen? Ich verstehe es nicht. Mir ist beigebracht worden, dass ein Klassenstandpunkt auch wehtun muss. Dann gibt es eben keine Würste, Buletten, Schnitzel, Bratwürste Landjäger, Salami, vegane Chorizo (kommt i.Ü. von der in römischer Zeit gebräuchlichen Bezeichnung für Schwein) etc., sondern z. B. Vegetarios oder Sojabrätlinge, semiraffinierter Carrageenbraten (s.u.) und so weiter… Fleischesser versuchen doch auch nicht, aus Hackfleisch Karotten zu basteln oder aus einer Schweinshaxe einen Blumenkohl.

Soweit so ironisch und eigentlich ist´s mir egal. Ich kann ja lesen und denken. Wenn es aber eines weiteren Beweises brauchte, dass die „Marktwirtschaft“, vulgo Kapitalismus, es versteht, aus jeder – ja auch aus notwendiger - Veränderung der Lebensweise Profit zu schlagen, da hätten wir wieder einen. Erst wird sich bissel geziert und lustig gemacht und dann geht die Verwertungsmaschine los. Das ist wie mit Ostalgieshows.

 

Dass nun aber Bundesagrarminister Christian Schmidt die Fleischbezeichnungen für vegetarische und vegane Lebensmittel verbieten will, macht die Sache allerdings endgültig zur Farce. Zu lesen ist, dass Begriffe wie "vegetarisches Schnitzel" oder "vegane Currywurst" komplett irreführend seien und die Verbraucher verunsichern -  so sagt es der CSU-Politiker der "Bild". Und schon ist die Kampagne als solche erkannt. Grundansatz: Die Menschen sind alle ein bisschen dumm, da muss man helfen (ich staune, wie wenig Vertrauen „freiheitliche“ Politiker in die postulierte Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht der Menschen haben) und verbieten. Weil wir ja zu blöde sind, einen vegetarischen Aufschnitt als solchen zu erkennen. Dabei ist doch immer Vorsicht geboten, wenn die Namen von Großfleischereien (gern „Höfe“) auf der Plastikverpackung stehen. Was sonst.

 

Spannender und vor allem auch ernster wird es, wenn man sich fragt und nachliest, was denn da so drin ist in der veganen Mortadella? Carrageen zum Beispiel, wie erwähnt. Das ist eine „Bezeichnung für eine Gruppe von langkettigen Polysacchariden, die aus den Zellen von Rotalgen (Rhodoplantae) gewonnen werden. In der Lebensmittelindustrie kommen die κ-, ι- und λ-Carrageene zum Einsatz. Die Eigenschaften der Carrageene hängen vom Typ ab. Die κ-Carrageene sind heißlöslich und bilden ein festes, sprödes Gel.“ Wo das steht? Quelle ist die Internetseite der Fa. Swissgum – unser verlässlicher Partner für Lebensmittelstabilisierung. Nun ja, die Mortadella, die ich bislang kaufte, brauchte das nicht.

 

In den Vegetarios ist das drin: Trinkwasser, 18% Rapsöl, 10% Hühnereiklarpulver, Verdickungsmittel: Xanthan (E 415), Johannisbrotkernmehl, semiraffiniertes Carrageen (E 407), Konjak, natürliche Aromen, Speisesalz, Gewürze, Dextrose, Würze, Säureregulator: Natriumacetat, Karotten, Farbstoff: Eisenoxid, Buchenholzrauch. Alles sicher ganz gesund, alles auch Naturprodukte, auch wenn es komisch heißt. Xanthan wird von Bakterien produziert, nun ja. Deshalb ist´s wahrscheinlich nicht vegan. Und Eisenoxid ist Rost. Muss das? Wie entsteht die gepriesene zarte Eigenhaut? Wo kommen die Eier her – auch das kann man im Internet nachlesen – aus „Bodenhaltung“! You know.  Bei der vegetarischen Frikadelle aus dem Rügenwald sind die Eier immerhin aus Freilandhaltung – von Bio keine Rede. Dazu gibt es „Sojaproteinisolat“, wenn man das im Netz sucht, findet man prominent eine Nahrungsergänzungsmittelseite und das Versprechen auf den perfekten Körper.

 

Also ich weiß nicht. Welche Industrie hat sich die Menschheit da gerade erfunden und welcher Schaden entsteht mit der Soja- und Rapsölproduktion? Ist das die Chance für die chemische Industrie? Wann steigt BASF/Monsanto ein? Oder sind sie schon dabei? „Die Sojamilch, die heute in jedem Supermarkt steht, ist ein hochverarbeitetes Industrieprodukt – und in etwa so künstlich wie eine Cola" sagt Sarah Wiener.

 

Damit wir uns nicht falsch verstehen: es ist für mich unstrittig, was sie in diesem Zusammenhang 2012 im Magazin „enorm“ schrieb: „Wir essen zu viel Fleisch. In den Industrieländern ist das die größte Ernährungssünde. Denn dieses Fleisch kommt ganz überwiegend aus tierquälerischer Haltung. Und wir unterstützen so ein Massentierhaltungssystem, das die Würde der Tiere mit Füßen tritt und der Umwelt massiv schadet. Zudem spitzt unser hoher Fleischkonsum die globale Ernährungsungerechtigkeit weiter zu. Die Menschen in Südamerika zum Beispiel leiden unter unserem immensen Fleischhunger – denn die Felder, auf denen Getreide und Früchte wachsen sollten, dienen nur dem Anbau von Futtermittel. Machen wir so weiter mit dem Fleischessen, brauchen wir bald eine zweite Erde…“  

 

Sie sagt aber auch: „Vegane Ersatzprodukte sind ein Tor für die Nahrungsmittelindustrie, um noch mehr künstliche, stark verarbeitete Lebensmittel minderer Qualität auf den Markt zu werfen. Aber je gezielter und selbstverständlicher wir unsere Nahrungsmittel nach unserer Vorstellung kreieren, desto mehr entfernen wir uns von der Natur – und damit von unseren Wurzeln. Für mich stellt sich durchaus die Frage, ob es nicht unser Schicksal ist, auch Tiere zu essen – weil wir Allesfresser sind, weil wir bestimmte tierische Enzyme brauchen, um gesund zu bleiben und weil der Tierdung unsere Felder düngt. Doch eines muss klar sein: Unsere Bestimmung ist sicher nicht, Tiere wesensfremd zu halten und zu füttern – und ihnen keinen würdevollen Platz als Mitgeschöpfe einzuräumen.“ [Sarah Wiener, http://enorm-magazin.de/vegan-ist-auch-keine-loesung]

 

Umweltbüro Lichtenberg
Passower Straße 35
13057 Berlin
Tel:  030-92 90 18 66

E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Präsenzzeiten:
Dienstag:          9 - 12 Uhr
Mittwoch:        14 - 18 Uhr
Donnerstag:    12 - 16 Uhr

und gern auch nach Vereinbarung

Impressum
Datenschutzerklärung

 

 

 

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.
Ok