Umweltbüro Lichtenberg

Lebensraum Streuobstwiese

Streuobstwiesen stellen die traditionelle Form des heimischen Obstanbaus dar und sind eine durch den Menschen geschaffene Kulturlandschaft. Bunt gemischt und locker verstreut stehen hochstämmige Obstbäume unterschiedlichen Alters und mit verschiedenen Arten (z.B. Äpfel, Birnen, Kirschen, Zwetschgen, Nüsse) und Sorten (z.B. Most- oder Tafeläpfel; frühe oder späte Sorten) nebeneinander. Ihre unregelmäßige Anordnung begründet auch ihren Namen „Streuobstwiese“. Hochstämmige Kronen ermöglichen eine Mehrfachnutzung der Fläche unterhalb der Bäume. Primär dienen diese Obstwiesen der Obsternte und Holzgewinnung, sekundär werden sie als Viehweide oder zur Heugewinnung genutzt. Die vorherrschende Mischkultur aus Obstbäumen und Grünland war ein Zeichen des wirtschaftlichen Handelns der damaligen Landbevölkerung. Eine Kombination aus Grünland- und Ackernutzung am Boden und dem Obstertrag der Bäume darüber stellte eine ideale Form der Bewirtschaftung dar. Streuobstwiesen ergänzten oftmals das karge Nahrungsangebot mit selbst erzeugten Produkten und bildeten eine Grundlage des erwerbsmäßig betriebenen Marktanbaus.

Gepflegte Obstbaumwiesen leisten einen positiven Beitrag für unsere Umwelt und nützen Menschen, Tieren und Pflanzen in vielfältiger Art und Weise. Zudem können Ökologie und Ökonomie ausgewogen und nachhaltig miteinander verbunden werden. Streuobstwiesen sind für das regionale Klima sehr wichtig. Sie bieten Schutz vor Wind und starker Sonneneinstrahlung, wirken beim Luftaustausch und dienen, besonders am Stadtrand, als Frischluftproduzenten. Neben einem Nutzen für den Menschen, stellen diese Gebiete auch einen wichtigen Lebensraum für verschiedene Tier- und Pflanzenarten dar und sind für ihre Existenz von großer Bedeutung. Ein strukturreiches Stockwerksystem, welches sich vom Boden bis in die Krone erstreckt, bietet auf engem Raum eine überaus große Vielfalt an unterschiedlichen Lebensbedingungen. Diese werden durch eine extensive und naturnahe Bewirtschaftung sowie ein günstiges Kleinklima der locker stehenden Bäume begünstigt. Insbesondere alte Obstbäume weisen einen hohen Totholzanteil und ein hohes Höhlenreichtum auf und bieten Nist- und Brutplätze für viele Arten. In Deutschland beherbergen Streuobstwiesen rund 5000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten und bieten eine besonders große Vielfalt an Vögeln und Insekten. Auch viele sogenannte niedrige Organismen wie Algen, Pilze, Flechten, Moose und Farne finden hier eine Heimat. In Mitteleuropa zählen Streuobstwiesen zu den artenreichsten Lebensräumen und leisten in West- und Mitteleuropa einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität. In Deutschland übernehmen sie eine international bedeutende Verantwortung, die sonst nur bei Buchenwaldökosystemen und beim Wattenmeer besteht. Weiterhin prägen Streuobstwiesen mit unterschiedlichen Baumgrößen und Baumkronen in ästhetischer, lebendiger und abwechslungsreicher Weise das Landschaftsbild. Blühende Obstbäume mit ihrer farbenprächtigen Wiesenflora, mit Vogelgesang und Bienensummen sind im Frühjahr und Sommer zu beobachten. Der Herbst mit seiner wunderschönen Farbenpracht und der im Winter stehende Kontrast der dunklen Bäume mit der weißen Schneelandschaft verleihen Obstbaumwiesen das gewisse Etwas. Zu jeder Jahreszeit verwandelt sich das Biotop aufs Neue in einen erholsamen, beruhigenden und wohltuenden Ort.

Streuobst und SaftZwischen 1930 und 1950 besaßen Streuobstwiesen in Deutschland mit einer Fläche von 1,5 Millionen Hektar ihre größte Ausdehnung und waren in allen Bundesländern von Bedeutung. Heute existieren nur noch rund ein Viertel dieser Gebiete. Diese Entwicklung ist auf die veränderte Agrarpolitik zurückzuführen, die es ermöglicht, zu jeder Zeit verschiedenste Früchte zu günstigen Preisen aus allen Erdteilen zu erhalten. Die heutige Gesellschaft verlangt inzwischen zu jeder Jahreszeit frisches und preiswertes Obst und Verbraucher greifen oftmals ohne groß nachzudenken nach der großen Frucht ohne jegliche Schönheitsfehler. Geschmacksvielfalt, -qualität und ökologisch verträgliche Anbauweisen spielen dabei oft nur noch eine untergeordnete Rolle. Aufgrund der industriellen Obstbaupolitik (Plantagenobst, Importe aus Übersee) erwiesen sich traditionelle Strukturen zunehmend als unwirtschaftlich, so dass Landwirten nahe gelegt wurde, auf den Anbau von Plantagen umzusteigen. Niederstämmige, dicht gepflanzte Baumreihen benötigen weniger Arbeitszeit und erzielen höhere Erträge. Allerdings weisen diese intensiv genutzten Flächen wenig Unterwuchs auf und werden mit dem Einsatz von mehr Pestiziden und Dünger bewirtschaftet. Ab Mitte der 50er Jahre wurden zahlreiche Obstbaumwiesen radikal gerodet und die Flächen für den Bau von Straßen-, Wohn- und Industriegebieten sowie in moderne Obstbauplantagen umgewandelt. Insbesondere Gebiete mit guten Gelände-, Klima- und Bodenverhältnissen, die eine Umstellung auf Niederstammbestände zuließen, fielen weg. Streuobstwiesen, die diesen Anforderungen nicht gerecht wurden, konnten am ehesten erhalten werden. Doch auch ihre Existenz ist bedroht, da viele Besitzer die notwendige Pflege mehr und mehr reduzierten. Einige Bestände sind daher schlecht gepflegt und überaltert, bis hin zur völligen Verbuschung und Verwaldung der Wiesen. Mit einem dramatischen Verschwinden und Verfall vieler Streuobstwiesen hat der Mensch in jüngster Zeit den Wert der vielfältigen Gebiete wieder entdeckt. Es wurde die Erkenntnis gewonnen, dass Obstbaumwiesen aus ökologischer und landschaftsästhetischer Sicht überaus wertvoll sind und ihre Vielfalt sie unersetzlich macht. Seither wächst das Interesse am Schutz und Erhalt dieser Kulturlandschaften. Bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts dienten Streuobstwiesen vorrangig einen auf Rentabilität bedachten Erwerbsobstanbau. Aus heutiger Sicht liegt der Wert der Obstwiesen nicht mehr vorrangig im wirtschaftlichen Ertrag, weitaus wichtiger sind der ökologische Reichtum und ihre landschaftsprägende Bedeutung.

Streuobstwiesen sind in höchstem Maße gefährdet und ihre Erhaltung und Neuanlage sehr wichtig. Aus Naturschutzgründen wurden gezielte Vermarktungskonzepte für Streuobst-Produkte entwickelt, so dass Streuobstwiesen nicht nur im Blickwinkel von Tourismus und Naherholungsgebiet stehen, sondern als Kulturgut wieder an Wertschätzung gewinnen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz werden unterschiedlichste Projekte durch Naturschützer, Landwirte, Keltereien, die öffentliche Hand und engagierte Bürger gefördert, die zur Entwicklung dieser Gebiete umgesetzt werden. Engagieren auch Sie sich und tragen zum Schutz dieser wertvollen Obstbaumbestände bei. Nach dem Sprichwort „Was man kennt, schützt man auch“ liegt es in Ihrer Hand, einen Anfang zu setzen und die Streuobstwiese als Lebensraum kennen zu lernen und seine Bedeutung zu verstehen. Schon bei unserem Einkaufsverhalten kann es anfangen. Vielleicht greifen Sie beim nächsten Einkauf lieber zur Goldparmäne vom Wochenmarkt als zum Granny Smith aus dem Supermarkt oder kaufen lieber regionalen Streuobst-Apfelsaft als den im Tetrapack?

Der Förderverein Naturschutz Berlin-Malchow e.V. setzt sich für den Erhalt von Streuobstbeständen ein und bewirtschaftet ca. 15 Hektar Streuobstwiesen im Nordosten Berlins und angrenzenden Teilen Brandenburgs. Im Rahmen dieses Projektes können Sie eine Baumpatenschaft übernehmen und so aktiv zum Erhalt beitragen. Nähere Informationen bekommen Sie beim Förderverein Naturschutz Berlin-Malchow e.V.

Johanna Sabeh

 

 

 

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