Umweltbüro Lichtenberg

Sommerrodungsverbot

Die Beseitigung von Bäumen und Sträuchern ist schon seit vielen Jahren vom Naturschutzgesetz her verboten, was aber bis zum vorigen Jahr oft nicht beachtet wurde. Bis 2013 erfolgte auch von den Naturschutzbehörden eine weite Auslegung des Gesetzes. Bei einer Beseitigung von Gehölzen während der Vegetationsperiode spielten meist auch artenschutzrechtliche Fragen eine Rolle, da oft Vogelbruten betroffen waren.
Seit dem vorigen Sommer hat sich die Situation deutlich geändert. Der Naturschutzverband BUND klagte gegen die Fällung von drei Bäumen während der Vegetationsperiode und hatte mit seiner Klage Erfolg. Aufgrund einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg ergeben sich nun für die Berliner Naturschutzbehörden Änderungen in der Anwendung des § 39 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Diese Entscheidung hat vor allem Folgen für Bauvorhaben.

Nach § 39 (5) Nr.2 BNatSchG ist es verboten,
Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder (gewerblich) gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis 30. September  abzuschneiden oder „auf den Stock“ zu setzen; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen.

Ausnahmen ergeben sich nur bei geringfügigem Gehölzaufwuchs, bei behördlich angeordnete Maßnahmen, bei Maßnahmen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit sowie bei Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse nicht auf andere Weise oder zu anderer Zeit durchgeführt werden können.
Damit hat der Gesetzgeber die oft willkürlich erfolgte Fällung von nicht geschützten Bäumen oder das Auf-den-Stock-Setzen von Sträuchern unterbunden. Ziel des Gesetzes ist es, die ökologische Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes während der Vegetationsperiode zu erhalten. Das Bundesgesetz gilt für alle Bundesländer. Insbesondere die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg haben hier eine spezielle Situation und sind jetzt nicht in der Lage, mit eigenen Gesetzen unter den vom Bundesgesetzgeber erlassenen Normen zu bleiben.

BrutvoegelBisher wurde vom „Normal“bürger das Sommerrodungsverbot immer mit dem Schutz von Brutvögeln gleichgesetzt. Das trifft hier aber nicht zu, denn hier handelt es sich um zwei verschiedene rechtliche Normen. Auch für die von der Behörde erteilten Baumfällgenehmigungen gilt: warten bis die Vegetationsperiode vorbei ist.

Das saisonale Beseitigungsverbot gilt auch für Baumarten und Gehölzbestände, die nicht der BaumSchVO unterliegen. Nach bisheriger Verwaltungspraxis wurde angenommen, dass die schnelle Realisierung baurechtlich zulässiger Bauvorhaben privater Vorhabensträger immer im öffentlichen Interesse liegt. Damit fiel z.B. die vor Baubeginn vorgenommene Beseitigung von Bäumen und Sträuchern regelmäßig nicht unter das Verbot des § 39 BNatSchG und war als Legalausnahme unter Auflagen während der Schutzzeit zumeist möglich. Dieser Rechtsauffassung ist das Oberverwaltungsgericht jedoch nicht gefolgt (OVG11 S 26.13 vom 19.7.13). Eine Legalausnahme nach § 39 (5) Nr.2 BNatSchG liegt demzufolge nur dann vor, wenn der Bauherr im Einzelfall belegen kann, dass die baulichen Maßnahmen nicht zu anderer Zeit oder auf andere Weise umgesetzt werden können und zusätzlich durch konkrete Umstände begründen kann, dass auch ein öffentliches Interesse an einem vorzeitigen Beginn der Maßnahmen während der Vegetationsperiode besteht.

In den Fällen, in denen keine Legalausnahme vorliegt, kann die Untere Naturschutzbehörde im Einzelfall nach Maßgabe des § 67 BNatSchG auf Antrag eine Befreiung von den Verboten des § 39 BNatSchG erteilen. Voraussetzung ist, dass eine unzumutbare Belastung glaubhaft nachgewiesen wird und eine Beseitigung der Vegetation in der Vegetationsperiode mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege zu vereinbaren ist. Hierzu ist ein gebührenpflichtiger Antrag bei der Unteren Naturschutzbehörde zu stellen. Aufgrund der hohen inhaltlichen und rechtlichen Anforderungen kommen Befreiungen nach § 67 BNatSchG nur in Ausnahmefällen in Betracht, da es sich um einen atypischen Fall handeln muss, den der Gesetzgeber nicht bedacht hat.

Verstöße gegen die Verbote des § 39 BNatSchG können nach § 69 (3) Nr. 13 BNatSchG mit einer Geldbuße geahndet werden, wodurch auch der wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft werden kann.

Aufgrund der veränderten Anwendung des BNatSchG wird die Prüfung und Entscheidung entsprechender Anfragen und Anträge zu längeren Bearbeitungszeiten für die Behörde und zu einem Mehraufwand für Bauherren führen. Die Untere Naturschutzbehörde empfiehlt daher, die bestehenden Schutzzeiten bei der Bauablaufplanung frühzeitig zu berücksichtigen. In den Fällen, in denen dennoch eine Beseitigung von Vegetationsbeständen in der Zeit vom 1. März bis 30. September erfolgen soll, wird Bauherren empfohlen, frühzeitig Kontakt mit den in der Unteren Naturschutzbehörde zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufzunehmen, um zu klären, ob im konkreten Fall die Voraussetzungen für eine Legalausnahme bzw. Befreiung gegeben sind.

Nach dem 1. März 2014 hat das Umwelt- und Naturschutzamt bereits mehrere Verstöße registriert und wird sie auch ahnden. Wie Bäume und Sträucher zu pflegen sind, steht in jedem entsprechenden Fachbuch und es bleibt zu hoffen, dass dieses Wissen breite Anwendung findet.

In Lichtenberg ist das Umwelt- und Naturschutzamt die zuständige Behörde.
Tel.: 030-90296-4280 / 4294
Fax: 030-90296-4289

Rechtsgrundlagen :
BaumSchVO Verordnung zum Schutz des Baumbestandes in Berlin (Baumschutzverordnung) vom 11.01.1982 (GVBl. S. 250), zuletzt geändert durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Baumschutzverordnung vom 05.10.2007 (GVBl. S. 558)
BNatSchG Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) vom 29.07.2009 (BGBl. I S. 2542), das durch Artikel 4 Abs. 100 des Gesetzes vom 07.08.2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist.

 

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