Umweltbüro Lichtenberg

Kulturgut halten

Weltweit sind über 8300 Nutztierrassen bekannt. Allein im europäischen Raum gab es 270 Rinderrassen, die auf Grund von vielfältigen Nutzungsrichtungen sowie unterschiedlichsten regionalen und klimatischen Bedingungen gezüchtet wurden.

Wer kennt noch das Bunte Bentheimer Schwein, die Westfälischen Totleger, das Glanrind, das Rottaler Pferd, die Diepholzer Gans oder das Waldschaf?
Das traditionelle Rind des 18. und 19. Jahrhunderts war ein typisches Drei-Nutzungs-Rind mit den Nutzungseigenschaften Arbeit, Milch und Fleisch und zudem ein wertvoller Düngerlieferant. Die Nutztiere von damals haben die heute wertvolle und schützenswerte Kulturlandschaft geschaffen -  wie die Kalk- und Magerrasen, die Heide- und Moorgebiete oder die Grünlandflächen in den Hoch- und Mittelgebirgen. Bekannt war damals zum Beispiel das Kehlheimer-, das Triesdorfer oder das Chamauer Rind, der Jeverländer Schlag, die Rhönziege oder das Zaupelschaf. All diese Rassen sind heute ausgestorben oder in anderen Rassen aufgegangen.
Der Rückgang der Rassenvielfalt setzte mit der zunehmenden Industrialisierung der Landwirtschaft nach dem Ende des 2. Weltkrieges ein. Die Arbeitstiere Rind und Pferd wurden vom Schlepper abgelöst, geringwertiges Futter auf kargen Flächen wurde durch den Zukauf von Kraftfutter ersetzt, ertragsschwache Standorte wurden aus der Nutzung genommen und die Verzehrgewohnheiten der zunehmend städtischen Bevölkerung gingen hin zum Fleischkonsum, der auf größere Mengen und vor allem magere Teilstücke ausgerichtet ist.

In Deutschland stehen derzeit 111 landwirtschaftliche Nutztierrassen, deren Population vom Aussterben bedroht ist, auf der „Roten Liste“. Rote Listen signalisieren eine Gefährdung und die Notwendigkeit zum Handeln, bevor es zu spät ist und Ressourcen unwiederbringlich für immer verloren gehen.
Die Namen der Rassen, wie Rhönschaf, Leineschaf, Glanrind, Thüringer-Wald-Ziege oder Senner Pferd, geben den Hinweis auf die Region, aus der sie stammen und wo sie sich über Jahrhunderte in der Obhut der Bäuerinnen und Bauern entwickelt haben. Und genau in diesen Regionen haben sie auch heute noch ihre besonderen Qualitäten und Eigenschaften.

Nutztierrassen im Land Brandenburg
Hier sind das Deutsche Schwarzbunte Niederungsrind, das Deutsche Sattelschwein, das Rheinisch-Deutsche Kaltblut, die Skudde und das Merinofleischschaf als die fünf heimischen Nutztierrassen anerkannt und interessierte Tierhalterinnen und Tierhalter, die die Tiere im Herdbuch züchten, können einen finanziellen Ausgleich beantragen. Wichtig ist, den Austausch der Zuchttiere untereinander zu gewährleisten, um den Inzuchtzuwachs in diesen meist kleinen Populationen so gering wie möglich zu halten.

Das Überleben heimischer Nutztierrassen verdanken wir im Allgemeinen einer kleinen Anzahl von bodenständigen, traditionsbewussten Landwirten, die meist als Einzelgänger ihre Rasse über Jahrzehnte hinweg erhalten haben. Dabei wurden sie meist mehr mit Geringschätzung als mit Anerkennung bedacht. Inzwischen wird das Thema des Verlustes der Vielfalt landwirtschaftlicher Nutztierrassen in der Öffentlichkeit zunehmend bekannt und auch die Tierzuchtorganisationen tragen einen wichtigen Teil zur Erhaltung der Rassen bei.

Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e. V. (GEH) wurde 1981 im Niederbayerischen Rottal gegründet. Mittlerweile zählt der bundesweit tätige Verein über 2100 Mitglieder -  aktive Landwirte und Züchter alter Haustierrassen oder Mitglieder, die selbst keine Tiere halten, die Arbeit der GEH aber unterstützen wollen. Die GEH engagiert sich vor allem im Bereich der Lebenderhaltung und als Erfolg kann vermeldet werden, dass seit Bestehen der GEH in Deutschland keine Nutztierrasse mehr ausgestorben ist.

Das GEH Arche-Projekt umfasst inzwischen 130 Betriebe, die sich dafür einsetzen, gefährdete Nutztierrassen zu halten und die alten Rassen auch unter ökonomischen Gesichtspunkten im landwirtschaftlichen Umfeld zu integrieren. Die Arche-Betriebe öffnen für Besucherinnen und Besucher gerne nach Absprache ihre Tore und leisten somit einen wichtigen Beitrag bei der Öffentlichkeitsarbeit.
Die Vielfalt der Kulturlandschaften zu erhalten, ist ein bereits erklärtes Ziel. In Verbindung mit den alten Rassen lässt sich hier ein Bündnis schaffen, das Kontinuität verspricht und dabei mithilft, den Nutzungsaspekt nicht aus den Augen zu verlieren. Landschaftspflege- und Extensivierungsmaßnahmen integrieren zunehmend angepasste Nutztierrassen in ihr Aufgabenfeld und binden sie in regionale Vermarktungsprogramme ein. Eine staatliche Förderung der Erhaltung alter Haustierrassen liegt im Bereich der Länderhoheit und kann entsprechend der jeweiligen Vorgaben eine wichtige Basis für den Erhalt, bzw. die Vergrößerung der vorhandenen Populationen darstellen.

Die Erhaltung alter Haustierrassen überschreitet oft die politischen Grenzen durch die Verbreitung einzelner Rassen über mehrere Länder hinweg. Entsprechend intensivierte sich die internationale Zusammenarbeit und es entstanden Organisationen wie die Stiftung SAVE (Sicherung der Artenvielfalt in Europa), Rare Breeds International oder die Donauländer-Allianz für Genkonservierung. Die GEH ist Mitglied bei diesen Organisationen bzw. wurde teilweise bei ihrer Gründung aktiv.

Alljährlich wird die Gefährdete Nutztierrasse des Jahres von der GEH proklamiert und einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Seit 1984 gibt es diese Ernennungen und das mit bestem Erfolg. So gab es durch die Wahl der Thüringer-Wald-Ziege im Jahr 1993 eine enorme Nachfrage nach Tieren dieser attraktiven Ziegenrasse, die vorher schon in Vergessenheit geraten war. 2015 steht das Deutsche Karakulschaf, eine Rasse mit über 4000-jähriger Geschichte im Rampenlicht, was hoffentlich zu einem Aufleben des Interesses an dieser attraktiven und einzigartigen Rasse führen wird.

Die GEH publiziert ein vierteljährlich erscheinendes Vereinsorgan, die Fachzeitschrift „Arche Nova“, die Vereinsmitglieder kostenlos erhalten. Neben aktuellen Artikeln zu gefährdeten Nutztierrassen aus dem In- und Ausland sind darin Veranstaltungs- und Literaturhinweise sowie ein Anzeigenmarkt für gefährdete Rassen enthalten.

Für die Zukunftsfähigkeit aller Erhaltungsmaßnahmen ist es entscheidend, einen Markt zu entwickeln, zum Einen für die Zuchttiere, zum Anderen aber für die Produkte dieser Rassen. Somit sind alle Verbraucherinnen und Verbraucher angesprochen, die besondere Qualität der Produkte kennen zu lernen und zu honorieren und dadurch die Absatzmöglichkeiten für die Tierhalter zu steigern. Dann können Tierrassen auf dem „Abstellgleis“ wieder zum „Vorzeigemodell“ werden.

Kontakt:
Dipl.-Ing. agr. Antje Feldmann

Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH)
Walburger Str. 2, 37213 Witzenhausen
Tel: 05542-1864, Fax: 05542-72560
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
www.g-e-h.de

 

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