Umweltbüro Lichtenberg

Licht versus Wasser

Für den Menschen stellt die Nähe zu Gewässern einen bevorzugten Lebensraum dar.  Gewässer dienten dem Menschen zum einen für die Wasserversorgung und zum anderen zum Transport. Der Lebensraum ist außerdem nachweislich für die Erholung und Resilienz des Menschen förderlich. Es verwundert daher nicht, dass heute über 50 % der Weltbevölkerung in einem Umkreis von 3 km um ein Gewässer leben. Diese starke Bevölkerungsdichte führt dazu, dass der Übergangsbereich zwischen Land und Gewässer durch Ufer- und Hafenbeleuchtung, beleuchtete Brücken und die urbane Lichtglocke stark in Anspruch genommen wird. Auf der anderen Seite dient dieser Bereich einer Vielzahl an lichtsensitiven und nachtaktiven Lebewesen als Lebensraum für .

 

Etwa 10 % aller Tierarten und ein Drittel aller Wirbeltiere leben in Binnengewässern und viele von ihnen haben sich an die ökologische Nische „Nacht“ evolutionsbiologisch angepasst. Für diese Lebewesen stellt künstliches Licht einen erheblichen Stressfaktor dar. Die meisten in diesem sensiblen Lebensraum bzw. Ökosystem lebenden Organismen besitzen eine genetisch kodierte zirkadiane Uhr. Diese innere Uhr ist auf einen 24-Stunden-Tag eingerichtet und steuert bestimmte Verhaltensweisen oder physiologische Prozesse im Tagesverlauf. Hierzu zählt bspw. der Schlaf-Wach-Rhythmus oder der Hormonhaushalt. Taktgeber für diese genetische Uhr sind die Hell- und Dunkelphasen im Tagesverlauf oder der Zyklus des Mondes oder der Sonne. Das künstliche Licht mit seinem hohen UV- und blauen oder kalt-weißen Anteil führt dazu, dass diese Rhythmen unterbrochen werden. Der Wasserfloh als Beispiel für viele Gewässerorganismen, schützt sich tagsüber in tieferen Gewässerschichten vor tagaktiven Fressfeinden. In der Nacht sucht er die Gewässeroberfläche auf, um die dort befindlichen Algen zu fressen. Durch die Manipulation der zirkadianen Uhr infolge der Lichtverschmutzung wird dieser Rhythmus beeinflusst oder gar unterbrochen. Es folgt daraus, dass die Wasserflöhe nur einen verringerten Bereich zur Ernährung nutzen können und daher nur in geminderter Form vorkommen. Für lichtsensible Arten stellt diese Situation einen erheblichen Stressfaktor dar, welcher letztlich zu einem stärkeren Selektionsdruck führt. Für weitere Individuen in der Nahrungskette, welche sich an die an der Gewässeroberfläche nächtlich schwimmenden Wasserflöhe angepasst haben, geht eine Nahrungsquelle verloren. Nicht nur einzelne Organismen oder Nahrungsketten sind von dieser Beeinflussung betroffen, sondern auch Ökosystem im Ganzen. So beeinflusst das anthropogene künstliche Licht auch Wechselbeziehungen der belebten und unbelebten Umwelt sowie den Stoff- und Energiehaushalt von Ökosystemen.

 

Ein See bspw. unterteilt sich in einen belichteten Bereich, in welchem Pflanzen, Algen und Bakterien Photosynthese betreiben, und einem lichtarmen Abbaubereich, wo organische Substanzen abgebaut werden. Beide Bereiche nehmen im Gewässer eine zentrale Rolle für das Ökosystem ein. Wird nun der belichtete Bereich durch die Lichtverschmutzung ausgebaut, so gerät das ausbalancierte Ökosystem aus dem Gleichgewicht. Der See, so wird es umgangssprachlich genannt, kippt um.

 

Um diesen Konfliktraum zu reduzieren und Störungen der Gewässer durch Lichtverschmutzung zu vermeiden, sollte eine naturverträgliche Beleuchtung in diesen Bereich eingerichtet werden. Als mögliche Handlungen zählt hierzu, dass auf Brücken- und Uferbeleuchtung soweit wie möglich verzichtet wird und die unumgängliche Beleuchtung an die Lebewesen im Gewässer angepasst werden, wie z. B. an Wander- oder Schlupfzeiten, damit Zyklen bzw. Rhythmen nicht gestört werden. In naturnahen Regionen sollte vollständig auf eine künstliche Beleuchtung verzichtet werden. Auch sollte mithilfe der Abstrahlungsgeometrie der Straßenleuchten darauf geachtet werden, dass Gewässer so wenig wie möglich angeleuchtet werden, unnötige Abstrahlung von Licht in die Umwelt (urbane Lichtglocke) vermieden wird und an Wegen für Fußgänger:innen lediglich Orientierungsleuchten, Laternen mit einer Zeitschaltung oder Bedarfsleuchten verbaut werden. Um jedoch die oft unbekannten Folgen der Lichtverschmutzung explizit zu bestimmen und möglichst gezielte Verbesserungen vorzunehmen, ist es wichtig, die Forschung voranzutreiben, um neues Wissen zu generieren und geeignete Konzepte zu erarbeiten.

 

Letztlich kann auch jeder selbst einen Beitrag dazu leisten, dass unsere Nacht nicht zum Tag wird. Wir laden Sie ein, am 07. September 2021 ab 22.00 Uhr die Lichter abzuschalten und den Nachthimmel zu genießen. Weltweit wird im Rahmen dieses Aktionstages Earth Night auf die Problematik der Lichtverschmutzung und deren Folgen hingewiesen.

 

Weitere Informationen finden Sie unter:

https://www.earth-night.info/

 

 

 

Quelle: Posch, et al. Das Ende Der Nacht : Lichtsmog: Gefahren - Perspektiven - Lösungen. 2. [überarb. und erw.] Aufl. ed., 2013.

https://www.wissen.de/wer-erfand-die-gluehbirne

 

 

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